Ein Reisebericht

Die London Underground hat mehrere stillgelegte Bahnsteige und Stationen. Gründe dafür gibt es mehrere. Im Lauf der Zeit wurden die Gesellschaften bzw. deren Streckennetze zusammengelegt. Somit konnte die eine oder andere Station wieder entfallen. Durch weiteren Ausbau wurden Strecken und Stationen optimiert und Haltestellen verlegt. Auch zu niedrige Nutzungszahlen und Sanierungskosten haben zu Schließungen geführt.

Einige dieser Stationen können besichtigt werden, Tickets sind aber teilweise nur schwer zu bekommen. Nachdem ich einige Male leer ausgegangen bin, habe ich mich im September 2015 regelrecht auf die Lauer gelegt, um zum Release der ersten Tickets für Januar und Februar rechtzeitig zu buchen (weitere Tickets gibt es dann erst wieder für 2017). Nachdem der Server bereits kurz nach 10:00 Uhr zusammengebrochen war, hat es aber später doch noch funktioniert: wir haben eine Besichtigung der Aldwych Station ergattert! (Buchung unter ltmuseum.co.uk, ca. 35 Euro pro Person)

Am 20. Februar 2016 war es dann soweit. Stuttgart ✈ Heathrow und von dort mit der Underground ins Zentrum. Ein Sandwich und ein paar verrückte Fotos später zur Temple Station.

Von hier sind es nur 2 Minuten. Bereits vor unserem Termin beobachteten wir dort jede Menge fröhliche Gesichter. Unglaublich, wieviele Besucher es für diese Touren gibt. Samstag und Sonntag gibt es im Stundentakt je 8 Termine. Weitere 8 unter der Woche, immer für 20 Personen. Und alle sind ausgebucht.

Da wir noch etwas Zeit haben, machen wir einem kleinen Ausflug über die London Bridge zum Borough Market. Und dann geht’s los.

Nach einer Kontrolle der Tickets wird der Seiteneingang geöffnet. Wir stehen direkt in der Booking Hall. Besonders schön sind hier die beiden alten Schalter. Es gibt auch einen neueres Ticket Office, welches dem Stil der alten angepasst wurde. Die beiden Guides geben einen Überblick über die rund 110 Jahre Geschichte der Station.

Runter zur Plattformebene geht es über eine Wendeltreppe. Vor dem Ausgang der alten Aufzüge gibt es weitere Details. Zu sehen sind hier insgesamt drei Aufzugsschächte, von denen aber nur ein Schacht mit 2 Aufzügen genutzt wurde.

Auch nett: an der Wand klebt ein Pfeil zur Bakerloo Line. Diese ist aber von hier aus nicht erreichbar. Weiter geht es zum Bahnsteig. Im ersten Tunnel hängen einige Informationen zur Nutzung über die Jahre, wie z. B. die Ertüchtigung als Lager für Kunstgegenstände während des ersten Weltkriegs aber auch zur Schließung der Station. Die Wände dienten auch zum Test verschiedener Installationen, Fliesen und Farben. Das Highlight hier für uns waren aber verschiedene alte Plakate und der noch, wenn auch durch Hinweisschilder verdeckte, erkennbare Strand Schriftzug.

Bakerloo Line? Nicht wirklich…
Was wohl hinter der Tür ist? Rechts Piccadilly Circus Fliesen Muster
Das Bild zeigt eine Muster-Installation für die South Kensington.
Die Installation ist zurück gebaut, die braune Farbe und die Poster sind noch da.

Nach weiteren zahlreichen Infos wechseln wir zum zweiten Bahnsteig. Wie schön! Hier steht ein kompletter silberner 1972 Tube Stock. Im Hintergrund dudelt Musik aus den 30er Jahren. Nun bekommen wir Infos zur Nutzung der Tunnel als Schutzbunker während des 2. Weltkriegs. Auch das wird akustisch untermalt, es wirkt etwas bedrückend. Aber es gehört eben zur Geschichte.

Wir dürfen in den Zug! Vertraut nehmen wir Platz (und die Beine danken es). Abgesehen vom Holzboden und vom Bezug der Sitze weicht dieser Stock augenscheinlich nicht wirklich von den noch eingesetzten 1973 Tube Stocks der Piccadilly Line ab. Noch mehr Geschichte gibt es bei gedämpften Licht. Der ältere Guide spricht über die Sprechanlage des Zugs. Authentisch.

Wieder zurück auf dem Steig werden selbstverständlich noch Bilder von den leider nicht authentischen Roundels gemacht. Hier müsste es auch noch einen nahezu vollständigen Strand Schriftzug geben. Dieser ist aber leider verdeckt.

1972 Tube Stock

Hinter dem Cover müsste der originale Strand Schriftzug sein.

Nach knapp einer Stunde sind wir fast am Ende der Tour und müssen die Wendeltreppe wieder nach oben.

In der Booking Hall angekommen zeigen die Beiden uns noch die Aufzüge. Auch dazu gibt es Wissenswertes. So hatte man bereits damals an eine praktische Evakuierung im Störfall gedacht. An einem Schaft laufen immer zwei Aufzüge. Und diese verfügen je über eine Verbindungstüre. So konnte man bequem von einem in den anderen Lift gelangen, wenn beide auf gleicher Höhe standen.

…fahrbereit…

Ein tolles Erlebnis geht zu Ende.
Das alte way out Schild weist uns den Weg wieder nach draußen… Eigentlich wollen wir noch gar nicht gehen. Aber wir freuen uns schon auf das Hotel, um die Bilder sichten zu können.

Anmerkung der Redaktion: Alle Rechte an Texten und Bildern liegen bei www.laupp.de, wo der Artikel im Original erschien. Vielen Dank an unser Communitymitglied Lauppfrosch, dass wir ihn hier veröffentlichen durften!